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Wir von das da unten freuen uns über mitwirkende Gastautor:innen! Mit dem Blog möchten wir eine Platform bieten, auf der persönliche Erlebnisse, Gedanken sowie Ideen ausgetauscht werden. Es kann gut sein, dass wir von das da unten nicht immer der gleichen Meinung, wie unsere Gastautor:innen sind. Solange die Inhalte jedoch nicht diskriminierend sind oder problematische Anregungen schaffen, begrüssen wir einen offenen Diskurs.
Aufgewachsen bin ich in einer Familie mit stets offenen Türen und Ohren. Trotzdem erlebte ich mein erstes Lustempfinden, an der Wasserbrause im Freibad, im Beisein einer grossen Portion Scham. Ich fühlte mich abnormal. Ganz alleine, mit dem geheimen Bedürfnis, es zu wiederholen. Vergleichbar mit dem Kleptomanen wiederholte ich die entdeckte Selbstbefriedigung. Das Verbotene zeigte sich dabei jedes Mal von Neuem als so aufregend und berauschend. Kurz danach wurde die starke Versuchung davor und der Genuss währenddessen jeweils hinuntergespielt. Ich würde es sicher nicht erneut machen. Natürlich, kam es wieder dazu, was die Scham stets noch vergrösserte. Lange Zeit dachte ich also tatsächlich, dass ich die Einzige sei, die sich selbstbefriedigte. Und dabei schwangen stets negative Gefühle mit. Das Thema Lust und Selbstbefriedigung kam nie zur Sprache. Dies trotz offener, erwachsener Vorbilder, welche mir sicherlich jede Frage beantwortet hätten. Vielleicht müsste man also bereits einen Schritt früher ansetzen und den kleinen Wesen unserer Gesellschaft, die Scham vor der Frage nach der eigenen Sexualität nehmen. Sie thematisieren und normalisieren. Denn schon früh lenken äussere Einflüsse von der Auseinandersetzung mit der eigenen Sexualität ab. So war es zumindest bei mir.
Meine Freundinnen redeten ungehemmt über ihr Sexualleben, sowie von ihrem häufig erlebten Lustempfinden, auch ohne jeglichen Stimulus. Letzteres, ist mir lange verborgen geblieben. Zum einen trugen sicherlich Hormone der Verhütungsmittel zu reduziertem Lustempfinden bei. Wobei der Fakt, dass ich mit der Pille bereits zeitnahe mit dem ersten Geschlechtsverkehr anfing, den Vergleich zu vorher, erschwerte. Ich probierte vieles aus, doch mein damaliger Partner beschwerte sich darüber, dass ich meine Begierde zu wenig äusserte. Egal was ich tat, es war nicht ausreichend. Vielleicht sei ich auch einfach kein sexueller Mensch, hiess es. Ehe ich mich versah, begannen auch schon die Zweifel an mir – von mir – als sexuelles Wesen. So verstärke sich mehr und mehr die Idee, dass ich wohl einfach nicht so eine lustvolle Person sei. Etwas vorspielen wollte und konnte ich an dieser Stelle nicht. Es kam zur Trennung und so erst zur wirklichen Entdeckung meiner Sexualität. Plötzlich bot sich ein unvoreingenommener Raum, um sie erst richtig zu erkennen – sie kennenzulernen.
Man hört oft, dass man für seine Bedürfnisse einstehen soll – vor allem als Frau*. Mich hat dies lange Zeit überfordert, da ich gar nicht wusste, was ich denn eigentlich gerne mag. Erst durch die Entdeckung meiner Sexualität und dem neuen Ich mit bestehender und ausgeprägter Leidenschaft, konnte ich mich selbstsicher, mutiger und unbeschwert auf Sex einlassen. Mich mehr und mehr als erotisches Wesen erleben und weiterentwickeln. Um selbstbewusst und bestimmt für meine Bedürfnisse beim Sex einzustehen, war es also in erster Linie wichtig, mich bei der Entdeckung der eigenen Sexualität nicht von Aussen beirren zu lassen.
Mein Appell also: Tauscht euch offen aus über Lust, Selbstbefriedigung und Sex, aber lasst euch nicht beirren und verunsichern, wenn Andere in der Entdeckung und dem Ausleben ihrer Sexualität an einer anderen Stelle stehen. Es gibt kein richtig oder falsch, normal oder abnormal, sondern individuell und persönlich. Ich hoffe, für alle in ihrer Art und Weise aufregend, ob in der Mehrzahl oder alleine.
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