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Aus dem Leben einer Sexualtherapeutin

Aktualisiert: 16. Juni 2021


Wir von das da unten freuen uns über mitwirkende Gastautor:innen! Mit dem Blog möchten wir eine Platform bieten, auf der persönliche Erlebnisse, Gedanken sowie Ideen ausgetauscht werden. Es kann gut sein, dass wir von das da unten nicht immer der gleichen Meinung, wie unsere Gastautor:innen sind. Solange die Inhalte jedoch nicht diskriminierend sind oder problematische Anregungen schaffen, begrüssen wir einen offenen Diskurs.


Der Name sagt schnell worum es geht und das ist gut so! Sex Matters ist ein klares Statement dafür, dass Sexualität wichtig ist und ein Teil von jedem/r von uns. Dazu gehört auch die ganz persönliche Intimität, das eigene Körperempfinden und eine lustvolle Einstellung zur Sexualität. Klingt logisch und erstrebenswert, in der Realität ist das jedoch nicht immer so einfach umsetzbar, und das bei Singles ebenso wie bei Paaren. Als Sexualtherapeutin von Sex Matters unterstütze ich Menschen dabei, dass die Sexualität nicht weiter unter den Teppich gekehrt wird, sondern mehr Aufmerksamkeit erfährt. Ich richte mich daher mit der Gesprächstherapie an alle die, die etwas an ihrem Sexualleben verändern möchten. Die Themen, mit denen Personen zu Sex Matters kommen, belasten sie oft seit Jahren. Sie sind mit Scham und Unsicherheiten verbunden, wodurch eine regelrechte Schwere entstand, die wie ein unsichtbarer Stein an ihnen haftet. Diese zieht sie runter oder schwebt wie eine Gewitterwolke über dem eigenen sexuellen Erleben und nimmt dieser die Leichtigkeit. Die Probleme können körperlicher oder psychischer Natur sein: Luststörung, Schmerzen beim Sex, Orgasmusprobleme, Sexsucht, Bindungsangst, Affären, Interesse an einer anderen Sexualität bis hin zu langjährigen Beziehungen, in denen keine Intimität mehr stattfindet. Schaut man nun auf den gesellschaftlichen Konsens zu Sex und in die Medien, dann ist schnell klar: Sex ist schön, macht Spass, ist wild, jung, leidenschaftlich, gefühlvoll, funktioniert reibungslos und vor allen Dingen regelmässig. Hier wird die Lücke zwischen Theorie und Praxis schnell klar und genau dafür bietet Sex Matters einen geschützten Raum.

Um die eigene Lust wieder zu entdecken, findet man mit Hilfe von Gesprächstherapie heraus, was zum Lustempfinden der jeweiligen Person gehört. Das ist absolut subjektiv und ändert sich über die Jahre oder in Partnerschaften. Ungefähr wie bei kulinarischen Vorlieben: man möchte auch nicht immer nur Spaghetti mit Tomatensosse essen. Vielleicht für eine Weile, aber nicht immer oder nicht immer gleich.

Bei der Thematisierung der Lust kommen oft erste Unsicherheiten auf und alle Geschlechter können mit der Frage «Was bereitet dir Lust?» überfordert sein. In diesem Beitrag wende ich mich aber eher den Frauen* zu. In meiner Praxis kommt es regelmässig vor, dass Frauen* vor mir sitzen und sich schwer damit tun, ihre sexuellen Vorlieben zu benennen. Wie sie gerne verwöhnt werden möchten, wie sie sich selbst verwöhnen, welche Stellen ihres Körpers sensibel sind, welche vielleicht Tabu. Neben der Unwissenheit über den eigenen Körper, kommt es leider oft vor, dass sie sich auf ihre angeblichen, körperlichen Makel beziehen: was ihnen nicht an ihrem Körper gefällt, anstatt aufzuzeigen was sie an ihm lieben. Wenn Frauen* ihre Schönheit selbst nicht erkennen – innerlich sowie äusserlich – trifft mich das persönlich und zeigt mir gleichzeitig, wie wichtig meine Arbeit ist. Meiner Erfahrung nach, sind Frauen* nach wie vor weit hinter den Männern*, wenn es um die Entdeckung ihrer Körper geht. Sie masturbieren seltener und beginnen im Vergleich in deutlich höherem Alter damit. Die Hürde zum Gebrauch von Toys ist gesunken – unter anderem Dank des Womanizers. Doch auch wenn die Selbstbefriedigung ihnen Lust bereitet, ist sie oft noch mit Scham besetzt. In Bezug auf die partnerschaftliche Sexualität können Frauen* meist schnell und eindeutig ausdrücken, was sie nicht wollen. Doch umgekehrt zu sagen, was sie wollen, trauen sie sich oft nicht anzusprechen - aus Angst, den Partner zu verletzen, oder abgelehnt zu werden.

Und so scheint es die zugänglichste Variante zu sein, die eigene Lust zu ignorieren. Dies klappt meist nur mittelfristig, da sich der Leidensdruck erhöht. Ich bin dann extrem froh, für jede Frau*, die den Mut auf sich nimmt, etwas verändern zu wollen, um wieder Raum für ihre Sexualität zu schaffen. Eine Sexualität, die zu ihr passt, die in ihr Leben integriert werden kann und sie somit mehr strahlen lässt. Manchmal braucht es gar nicht viele Gespräche, um wortwörtlich zu sehen, wie die Gewitterwolken sich lösen, die Schwere verschwindet und die Leichtigkeit zurückkommt. Es darf leicht sein.



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