Wir von das da unten freuen uns über mitwirkende Gastautor:innen! Mit dem Blog möchten wir eine Platform bieten, auf der persönliche Erlebnisse, Gedanken sowie Ideen ausgetauscht werden. Es kann gut sein, dass wir von das da unten nicht immer der gleichen Meinung, wie unsere Gastautor:innen sind. Solange die Inhalte jedoch nicht diskriminierend sind oder problematische Anregungen schaffen, begrüssen wir einen offenen Diskurs.
Ich sitze auf ihm. Schaue ihm in die Augen. Und fühle mich plötzlich extrem komisch. Was mache ich hier eigentlich? Mache ich das richtig? Bewege ich mich richtig? Gefällt es ihm? Gefällt es mir? Ich lächle verlegen. Was denn los sei, fragt er mich. «Ich habe das Gefühl, nicht gut genug zu sein.» Er schaut mich verwundert an. Er habe gar nicht gewusst, dass Frauen das auch haben. Dass Frauen sich auch unter Druck setzen. Das sei sonst eher Männersache. «Wir lernen uns ja gerade erst kennen», sagt er. Und damit ist die Sache gegessen. Für den Moment.
Weil es seither in mir weiterdreht, das Gedankenkarussell. Ich frage mich, woher das kommt. Wieso ich teilweise immer noch so unsicher bin. Mir Druck mache. Mir bei einer Stellung eher überlege, ob es ihm gefällt – und nicht mir. Aber ich finde keine eindeutige Antwort, nur ganz viele, die dazu beitragen (und das macht mi wahnsinnig). Pornos. Artikel in Mädchen- und Frauen-Magazinen, die mir erklären, was dem Mann gefällt. Fehlende Aufklärung. Und damit auch fehlende Aufklärung über mein Geschlechtsorgan.
Und jetzt? Was bringen mir diese Antworten, ausser, dass sie mich hässig machen? Da bin ich nun also wieder am gleichen Punkt. Ich stehe hier mit all diesen Antworten. Und meiner Unsicherheit. Ja klar – lesen hilft. Noch mehr über meinen Körper zu erfahren, ist wichtig. Meine Geschlechtsorgane benennen zu können, ist wichtig. Aber – und hier kommt die für mich wichtigste Erkenntnis: Meine Unsicherheit und den Druck, den ich mir selber mache, hat schlussendlich mit fehlendem Selbstbewusstsein zu tun. Denn Sex ist sich selber zu kennen. Sich selber neu kennenzulernen mit jedem neuen Partner, mit jeder neuen Partnerin. Und Sex ist die/den andere/n kennenzulernen auf einer ganz anderen Ebene. Und das, bitteschön, in genau dieser Reihenfolge. Zuerst bin da ich. Mein Körper. Dann kommt mein Gegenüber.
Sexuelle Befriedigung, das ist Selbstliebe. Sich selber auch im Bett an erster Stelle zu setzen, das ist Selbstliebe – und hat nichts mit Egoismus zu tun. Das Schönste und Antörnendste ist es doch zu sehen, dass es der anderen Person gefällt. Ich bin dann sexy, wenn ich mich so fühle. Und wenn ich mich so bewege. Wenn ich mir nicht über meinen Bauch, meine Cellulite oder jede kleinste Bewegung Gedanken mache. Wenn ich mir nicht darüber Gedanken mache, wie ich wohl aussehe, wenn ich komme. Sondern wenn ich es fühle. Wenn ich mich akzeptiert fühle. Meinen Körper. Und meine Person. Dann kann ich mich fallen lassen. Mich verletzlich zeigen. Dann kann ich die andere Person daran teilhaben lassen, wenn ich die Kontrolle verliere.
Und übrigens: Das hat bei mir eine Weile gedauert. Es gab in meinem Leben eine Phase, in der ich mich nicht öffnen konnte. Nicht vor anderen Menschen kommen konnte. Weil ich eben vergessen hatte, mich selber an erster Stelle zu setzen. Also habe ich eine Pause gemacht und ungefähr ein Jahr lang kein Sex gehabt – ausser mit mir selber natürlich. Ein Jahr lang, indem ich mich nur mit mir beschäftigt habe. Gelernt habe, mich an erster Stelle zu setzen. Ein Jahr lang, indem ich mehr über meinen Körper erfahren habe. Und fast noch wichtiger: Ein Jahr lang, indem ich meinen Körper erfahren habe.
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