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HPV - Erfahrungsbericht Teil 2

Aktualisiert: 16. Juni 2021


 

Wir von das da unten freuen uns über mitwirkende Gastautor:innen! Mit dem Blog möchten wir eine Platform bieten, auf der persönliche Erlebnisse, Gedanken sowie Ideen ausgetauscht werden. Es kann gut sein, dass wir von das da unten nicht immer der gleichen Meinung, wie unsere Gastautor:innen sind. Solange die Inhalte jedoch nicht diskriminierend sind oder problematische Anregungen schaffen, begrüssen wir einen offenen Diskurs.

 

In meinem letzten Beitrag («Wo bleibt die Kondommama») habe ich darübergeschrieben, dass bei mir HPV entdeckt wurde. Ich habe mir die Schuld darangegeben und hatte keine Ahnung was HPV ist und was mich erwartet.


Jetzt ist ein Jahr später. Ich hatte meine Konisation und bin um viele Erfahrungen reicher.

Beginnen wir bei dem Wort Konisation. Ganz ehrlich? Ich musste für diesen Artikel das Wort nochmals googeln. Konation. Kination. Kolation. Jedes Mal hatte ich Mühe mit diesem Wort. Warum? Weil ich davor noch nie irgendetwas davon gehört hatte. Es liegt irgendwie auch nicht so gut im Mund. Konisation.

Zur Aufklärung: Bei einer Konisation wird mit Hilfe einer elektrischen Schlinge ein Gewebekegel (Konus -> Konisation) vom Gebärmutterhals entfernt. Darin sollte ein Stück von der Muttermundoberfläche enthalten sein. Das Ziel ist es, alle bösen Zellen zu entfernen. Je nach Alter und Kindeswunsch wird mehr oder weniger entfernt bzw. flächig oder spitzig. Die Operation wird bei einer Vollnarkose durchgeführt. Der Aufenthalt ist ambulant. Das heisst, du kommt am Morgen, hast die Operation und am Nachmittag/Abend kannst du wieder gehen. Wenn alles gut geht, dauert die Operation nicht länger als eine Stunde.


Vor meiner Operation konnte ich nicht gut darüber reden. Oder: Es war mir einfach schlichtweg unangenehm. Dann muss man den Leuten irgendwie erklären, dass dir zwischen den Beinen etwas weggeschnitten wird.

Doch was ich erstaunlich fand: Plötzlich hörte ich von allen Seiten von Frauen, die das auch schon hatten. Entweder hatten sie auch eine Konisation oder, dass sie einen unauffälligen PAP-Abstrich hatten, die Viren sich aber von selbst wieder zurückgebildet haben.

Bei mir war das leider nicht so. Und da sich meine Werte von Untersuchung zu Untersuchung so stark und schnell verschlechtert haben, habe ich mich dann Anfang dieses Jahres dafür entschieden – nach der Empfehlung meiner Frauenärztin – eine Konisation durchzuführen. Hier muss ich vielleicht noch anfügen: Normalerweise wird zuerst eine Biopsie deines Gewebes untersucht, um sicher zu sein, dass du wirklich Träger bösartiger Zellen bist. Dies wurde bei mir nicht gemacht. Warum, weiss ich nicht (ich habe von der Biopsie auch erst vor meiner Operation erfahren. Dazu später mehr).

Ich habe mich damals gefragt, warum frau nicht darüber redet. Jetzt verstehe ich es ein bisschen besser. Warum sollte ich sowas während eines normalen Gespräches erwähnen? Doch ich bin immer noch der Meinung, dass es auch zum grossen Teil mit schlechter Aufklärung zu tun hat.


Als ich mit 15 zum ersten Mal zu einer Frauenärztin ging, lautete die Frage: Willst du dich gegen Gebärmutterhals impfen lassen? Ich hatte keine Ahnung. Die Empfehlung lautete: Nein. Warum? Weil es nur für 8 Typen des Virus eine Impfung gibt, es aber über 100 unterschiedliche Arten davon gibt. Mehr wurde mir nicht gesagt. Oder vielleicht hiess es noch: Falls du doch etwas haben solltest, ist das nicht schlimm. Es kann einfach behandelt werden. Also habe ich es nicht gemacht.

Ob ich das heute bereue? Nein. Ob ich mir mehr Informationen gewünscht hätte? Ja. Wie beispielsweise: Nach einer Konisation ist es dir für 2 Monate nicht erlaubt, Sex zu haben oder Tampons zu nutzen (sprich: nur Binden sind erlaubt), schwimmen darf frau auch nicht. Leichter Sport erst wieder ab ca. 2-3 Wochen, (Schmier)Blutungen bis zu einem Monat.


Wieder im heute. Ich habe nun also ein Virustyp von diesen über 100 eingefangen.

Nachdem die Frauenärztin und ich uns dazu entschlossen hatten, dass ich die OP durchführen lasse, hatte ich das erste Mal den Mut zu fragen: Habe ich etwas falsch gemacht?

Die Antwort: Nein.

Das HPV Virus sei so aggressiv, das könnte in unglücklichen Fällen sogar ohne Penetration übertragen werden.

Ich steh nur oben rum bekleidet vor meiner Frauenärztin, setzte mich auf den Frauenarztstuhl und frage mich: Warum hat sie mir das nicht von Anfang an gesagt? Warum liess sich mich schuldig an etwas fühlen, an dem ich vielleicht gar nichts kann?

Ich bohre weiter: Kann sich denn der Mann darauf testen lassen?

Die Antwort: Nein, nicht wirklich.

Das Virus kann beim Mann da sein, dann wieder verschwinden und trotzdem kann er noch Träger sein. Zudem würde sich ein Mann eigentlich nie auf das testen lassen.

Ich weiss nicht was ich dazu noch sagen soll. Ich fühle mich erleichtert, aber auch dumm und naiv. Warum wurde mir das nicht gleich beim ersten HPV-Verdacht gesagt? Warum habe ich nicht gleich nachgefragt? Weil ich gedacht habe, ich habe etwas falsch gemacht und wollte dies nicht auch noch bestätigt bekommen.


Ein Tag vor der Operation hat frau noch eine Voruntersuchung. Dir wird viel Blut abgenommen, du wirst nach deinem Alkohol- und Rauchkonsum befragt und ob du gerade einen oder mehrere Geschlechtspartner hast. Ich hatte meine Voruntersuchung bei einem Mann. Ich war zuvor noch nie bei einem Frauenarztmann. Nachdem wir alle Standartfragen geklärt hatten, fragt er mich: Wollen Sie mal Kinder? Ich sage: Ja, denke schon.

Er schaut mich an und sagt: Dann würde ich Ihnen diese Operation nicht empfehlen.

Ich schlucke leer, ich bin verwirrt.

Meine Frauenärztin hat mir als erstes gesagt: Sie können immer noch Kinder bekommen. Ich sage ihm das.

Er: Ja, schwanger können Sie schon werden, aber das Risiko von einer Frühgeburt ist gross.

Ja, was jetzt!? Meine Verwirrung und Unsicherheit werden grösser.

Er fragt weiter: Hatten Sie denn schon eine Biopsie? Also, wurden Gewebsproben entnommen, um sicher zu gehen, dass sie wirklich bösartige Krebszellen haben?

Ich: Nein. (Hier wären wir an dem Punkt, dass ich bis dahin nicht wusste, dass dies anscheinend der Standardverlauf ist).

Er: Ich würde Ihnen diese OP nicht empfehlen, wenn man noch keine Gewebsprobe gemacht hat. Aber warten Sie doch kurz hier, ich würde das gerne mit der Oberärztin abklären.

Er lässt mich alleine. Eine halbe Stunde lang sitze ich alleine in diesem Untersuchungsraum und weiss nicht, was ich machen soll. Mir ist zum Weinen zumute.

Er kommt zurück mit den Worten, dass die Ärztin gerade noch in einer OP sei. Wir müssten uns noch bisschen gedulden.

Er fragt mich: Wollen Sie denn diese OP?

Ich: Ja… (In diesem Moment war mein Gesicht schon hochrot, ich war verschwitzt und total verunsichert).

Er: Wir zwingen Sie zu nichts. Sie sollten nur bedenken, dass es ein Eingriff ist und wenn der zu vermeiden ist, sollte man das.

Aber mein Bauchgefühl sagt Ja und sollte auch recht behalten! Eine Woche nach der Operation wird mir gesagt, dass Krebsviren nachweisbar waren und dass alle bösartigen Viren entfernt werden konnten. Doch ich greife vor.

Zum Schluss hatte ich dann noch eine vaginale Untersuchung, dann sollte ich endlich nach Hause gehen können. Eine Oberärztin kam vorbei und hat gesagt, die Operation solle durchgeführt werden, weil sich meine Werte so schnell verschlechtert haben.

Ich lag da also mit gespreizten Beinen vor dem Assistenzarzt und der Oberärztin. Leicht verkrampft.

Der Assistenzarzt hat mich nett informiert, dass er mich jetzt anfassen wird («Ich fasse Sie jetzt an.») und dann haben die zwei in meine Höhle reingeschaut, haben Dinge eingefärbt und sich über Uhrzeiten unterhalten («Hier auf drei Uhr sehen Sie das. Auf halb Zwei sehen Sie das…»). Die Oberärztin hat mir mal noch gesagt:

Falls Sie genug haben, können Sie sich jederzeit melden. Habe ich nicht.

Ich habe gewartet, bis sie meinen ganzen Gebärmutterhals abgeuhrt hatten.


Am nächsten Tag war die Operation. Ich war froh, als ich sah, dass der Assistenzarzt nicht dabei war und dass nur Frauen im OP-Saal waren. Ich bin eingeschlafen und eine Stunde später wieder aufgewacht. Es ist alles gut verlaufen. Ich war nur leicht benebelt von der Narkose und musste viel lachen.

Es ist alles bis zum Schluss gutverlaufen. Es ist gut verheilt. Ich hatte praktisch keine Beschwerden. Vielleicht redet frau deswegen auch nicht oft darüber, weil es oftmals gut geht. Niemand sieht es. Es ist innerlich. Es geht um dein ganz persönliches Geschlechtsteil. Um deine persönliche Erfahrung damit. Um deine Beziehung dazu und wie es dir damit geht. Aber ich denke, dass frau nur weiss, wie sowas ist, wenn frau das selber erfahren hat.

Und ich finde, es sollte klarer formuliert werden. Und zwar schon vom ersten Besuch bei der Frauenärztin. Was ist HPV? Was bedeutet es, sich gegen eine Impfung zu entscheiden? Was heisst es, wenn der Pap-Abstrich Veränderungen zeigt? Was kann frau dagegen machen?


Und ich wünsche mir für alle Frauen, dass sie ein bisschen besser an die Hand genommen werden, als es bei mir der Fall war.

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